Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dienstag, 23.11.2005

Am Geschichtsknotenpunkt

Der Pariser Vorort Aubervilliers pflegt eine Liaison mit den Künsten:
Vermummte und Poeten in einer roten Hochburg

Zum 93. Departement im Norden von Paris, das durch Jugendkrawalle berühmt-berüchtigt wurde, gehört Aubervilliers. Hier brannten fast hundert Autos, zwei Lagerhäuser und die Turnhalle des College Gabriel Peri. Noch vor einem Monat hätte man eine rechtsradikale Brandstiftung vermutet. Denn Gabriel Peri war ein kommunistischer Journalist und Abgeordneter, der im Dezember 1941 unter deutscher Besetzung erschossen wurde.

Sich versammeln, um sich zu integrieren: portugiesische Einwohner in Aubervilliers 1947
(«douce banlieue», 2005)

Anspannungen und Neuordnungsbedarf spürten die Bürger Aubervilliers' lange vor diesem heißen Herbst. Im April schockierten Kämpfe rivalisierender Banden, an einer Schule streikten Lehrer, die sich nach Gewaltakten schutzlos fühlten. Im Oktober 2003 erregte der Schulverweis zweier kopftuchtragender Mädchen Aufsehen, die nicht dem Islamismus-Cliche entsprachen. Ihr areligiöser Vater, ein kommunistischer Rechtsanwalt, der Mitte der achtziger Jahren aus der KPF austrat und sich in der Antirassismusbewegung engagiert, stammt aus einer jüdischen Familie, die katholisch getaufte, aber areligiös lebende Mutter, eine Ökonomieprofessorin in Reims, entstammt einer algerischen Berberfamilie - beide, inzwischen getrennte Elternteile verfechten das Ideal einer weltlichen Schule. Der Vater erinnerte daran, daß es letztmals einen Verweis von dieser Schule nach einem tödlichen Messerstich gegeben habe - "für acht Tage". Er warnte damals: "Drei Viertel der Kinder an der Schule stammen aus Einwandererfamilien - ihnen zu sagen, daß sie, nur weil sie die Religion ihrer Vorfahren ausüben, etwas Ekelhaftes tun, ist ein sicherer Weg, um eine Explosion auszulösen."

Nicht eine konservative Schulverwaltung, sondern linke Lehrer betrieben den Schulausschluß. Lehrer der Lutte Ouvriere initiierten die Kampagne, einer der Ligue Communiste Revolutionnaire, der die Schwestern unterrichtete, votierte für den Schulverweis. In Aubervilliers, dessen Bürgermeister 1923 bis 1944 der als Kollaborateur mit den Deutschen 1945 hingerichtete Pierre Laval war, wird seit Jahrzehnten mit kommunistischen Mehrheiten regiert. Hier blieb noch ein Stück des "roten Gürtels", der einst die Hauptstadt umschloß, erhalten.

Im Internet-Forum der Sozialistischen Partei wird Brechts Keuner-Geschichte "Maßnahmen gegen Gewalt" zitiert, und auf der Internetseite der Radsportprofis von "Auber 93" ertönt ein Che-Guevara-Lied. Von einer "Volksdemokratie" sprach Anna Alter in ihrem Pamphlet "Die rote Hochburg" ("Le Fief rouge", 2001). Die Wissenschaftsjournalistin und Tochter eines Gründers der polnischen Kommunisten war 1988 den atypischen Weg aus einem Pariser Arrondissement in die Banlieue gegangen, getrieben von explodierenden Immobilienpreisen in der Innenstadt und angezogen vom Ruf einer modernen Stadtplanung und Kultur. Ihr Buch dokumentiert die Ernüchterung in "Raliteville", wie sie polemisch den Ort nennt, in dem bei der letzten Kommunalwahl Jack Ralite, ein Minister Francois Mitterrands, zum vierten Mal das Bürgermeisteramt bekam.

Aber bei einer Wahlbeteiligung von fünfzig Prozent blieb die Einstellung jedes zweiten rätselhaft. Wenig später, bei den Präsidentenwahlen 2002, gewann die erste Runde der rechtsradikale Le Pen - der kommunistische Parteichef Robert Hue wurde nur Vierter; erst in der Stichwahl senkte sich die Waage zugunsten Chiracs.

Früher ein Arbeitervorort mit alten Mühlen, Kohlenhafen und Chemiefabrik, eignet Aubervilliers eine merkwürdige Liaison mit den Künsten. Nicht erst, seit mit Ralite ein kunstbeflissener Bürgermeister kam. Einer, der versuchte, die Deindustrialisierung mit der Ansiedlung von Medien- und Kunstprojekten wie "Les Laboratoires d'Aubervilliers" zu kompensieren. "Aubervilliers" hieß ein Dokumentarfilm, der 1946 beim Filmfestival in Cannes lief. In den ersten Wochen nach Kriegsende hatte ihn Elie Lotar, ein Assistent von Luis Bunuel, gedreht. Jacques Prevert schrieb die Texte. "La chanson des enfants", sein Lied über den damaligen Nachwuchs Aubervilliers', über die sozialen Nöte der Vorstadtjugend, vertonte Joseph Kosma.

Erstmals nach dem Stummfilm "La Zone" (1928) von Georges Lacombe wurde wieder ein Scheinwerfer auf das Leben einer Banlieue gerichtet. Das Leben in der Banlieue ist mannigfaltiger, als Berichte, die nur vermummte Minderjährige zeigen, ahnen lassen. Nach Sarkozys Kärcher-Rede meldeten sich acht Intellektuelle: "Wir, die wir in diesem Departement leben und arbeiten, erheben uns gegen diese verletzenden und erniedrigenden Äußerungen", es fehle nicht an Reinigungsmaschinen, sondern an Gleichheit. Zu den Unterzeichnern gehörte neben Bertrand Tavernier auch der 1949 geborene Schriftsteller Didier Daeninckx, der abseits der Pariser Intellektuellenzirkel in seinem Häuschen in Aubervilliers lebt.

Der Kriminalschriftsteller personifiziert die Umbrüche in Aubervilliers: Nachdem 1977 Rationalisierungen ihn, einen Druckereiarbeiter, arbeitslos gemacht hatten, wurde er Schriftsteller. Ein anarchistischer Großvater war 1917 aus dem Krieg desertiert, ein anderer, kommunistischer Bürgermeister widersetzte sich dem Hitler-Stalin-Pakt, Daeninckx' Mutter kochte in Aubervilliers' Stadtkantine und schüttelte dem sowjetischen Kosmonauten Gagarin die Hand. Daeninckx erzählt von der Deutschen in seiner Straße, die von allen Nachbarn etwas anpflanzte, so daß bei dem Vielvölkergemisch ein "Garten der Welt" entstand. Seine Umgebung "spiegele den Charakter der französischen Fußballnationalmannschaft von 1998 wider". In diesem Milieu findet der Schriftsteller, der 1982 aus der Kommunistischen Partei austrat, seine Stoffe, die er zu einer Art Gegengeschichte Frankreichs ausbreitet.

Als Frankreich mit dem Kanaken Christian Karembeu Fußball-Weltmeister wurde, erzählte im selben Jahr Daeninckx' Buch "Reise eines Menschenfressers nach Paris" die Verfrachtung von Kanaken in Schauen der Pariser Kolonialausstellung und des Frankfurter Zoos anno 1931, gehörten doch zwei Urgroßväter des französischen Fußballhelden zu jenen "Kannibalen". Im Krimi "Bei Erinnerung Mord" wird eine andere in die Gegenwart reichende Kolonialgeschichte aufgerollt: der Algerien-Krieg. Leichen der im Oktober 1961 von der Polizei in Paris getöteten Algerier wurden im Kanal Saint-Denis, der durch Aubervilliers fließt, gefunden. Daeninckx ist nicht der einzige, dessen Kreativität in dieser Cite wurzelt.

Wer dieser Tage Madonnas neue CD "Confessions on a Dance Floor" hört, weiß kaum, daß Sprossen ihrer Karriereleiter aus Aubervilliers kamen, wo 1949 der Werbefotograf und Videoproduzent Jean-Baptiste Mondino geboren wurde. Als Madonna einen Schwarzweiß-Videotrend schuf, war Mondino Regisseur des "Justify My Love"-Videoclips. Mondino paßt zu Aubervilliers' Anonymität trotz Popularität: Es gibt kaum Fotos von ihn. Der Sohn einer Einwandererfamilie hat nie vergessen, wo er wurzelt, wie sein Engagement für die Organisation "La Source" zeigt, die marginalisierten begabten Jugendlichen hilft, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen.

In den Straßen der Banlieue spielt der Thriller "Verhängnisvolles Alibi" (Frankreich 1998), eine Neuverfilmung des Brigitte-Bardot-Klassikers "Mit den Waffen einer Frau", die den Zusammenprall von Oberschicht und Einwanderergetto zeigt. Die Rolle der Zukurzgekommenen spielt eine Etablierte aus Aubervilliers: Virginie Ledoyen stand bereits als Kind vor der Kamera. Als Zweijährige wirkte sie in Werbespots mit und war Kindermodel für Lacoste. Die Erwachsene bekam einen Model-Vertrag beim Kosmetikkonzern L'Oreal.

1987 begann ihre Karriere als Schauspielerin. Woody Allen bemühte sich um sie, mit Gerard Depardieu spielte sie in "Les Miserables", mit Leonardo DiCaprio in "The Beach" und mit Catherine Deneuve und Isabelle Huppert in "8 Frauen". Die Leseratte mag Dostojewskij, Bilder Egon Schieles und engagiert sich in der Tibet-Solidarität. Außerdem interessieren sie die U-Bahnen der Welt - seitdem sie als Neunjährige mit der Metro zwanzig Stationen zur Schule in den 5. Pariser Bezirk fuhr. Gegenüber Freunden war sie privilegiert, da sie in einem großen Haus wohnte und diese einladen konnte. "Man traf sich am Burger King gegenüber der Haltestelle", erinnert sich Ledoyen, "qualmte und trank". In Aubervilliers gehörte sie in der Schule zur Minderheit: "In meiner Klasse waren achtzig Prozent Einwanderer." Die Pariser Schule, wo Schwarze und Einwanderer in der Minderheit waren, habe sie schockiert.

In Deutschland pflegt Aubervilliers seit 1999 eine Städtepartnerschaft. Weder mit einer Multikulti- noch mit einer Neubaustadt, nicht mit Berlin-Kreuzberg oder Hoyerswerda. Verbündet hat sich das knapp siebzigtausend Einwohner zählende Aubervilliers, das seit der letzten Zählung von 1999 einen Bevölkerungszuwachs von über zehn Prozent verzeichnet, mit einem Leuchtturm deutscher Geistes- und Industriegeschichte: dem inzwischen unter die Hunderttausend-Einwohner-Schwelle gerutschten Jena. Dort erwartet man nächstes Jahr eine Delegation aus Aubervilliers, wenn unter dem Titel "Rendezvous 1806-2006" des Jahrestags der Schlacht von Jena und Auerstedt gedacht wird.
GÜNTER PLATZDASCH

Text: F.A.Z., 23.11.2005, Nr. 273 / Seite 42

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Ostthüringer Zeitung
Dienstag, 08.11.2005

Krawalle in Jenas Partnerstadt Aubervilliers

Journalistin angegriffen - Bus und Lagerhallen in Brand gesteckt - Präventionsplan in Arbeit

Jena (OTZ/ulm). Die Krawalle in den Pariser Vorstädten haben nun auch auf Jenas Partnerstadt Aubervilliers übergegriffen.

Der Marktplatz im Zentrum von Aubervilliers. (Foto: Archiv)

Wie Jenas Europa-Beauftragter Alfred Wälte berichtet, wurde am Samstag eine Journalistin in der französischen Kommune zusammengeschlagen. Ein Bus und zwei Lagerhallen einer Textil-Firma gingen in Flammen auf. Darüber hinaus wurde ein Sportplatz verwüstet. "Dennoch reagieren die Behörden gelassen. Dort ist man der Ansicht, dass die Geschehnisse von den Medien aufgebauscht werden", erläutert Wälte, der das Liegenschaftsamt leitet. Außerdem schätzten die Stadtoberhäupter die Stimmung in anderen Vororten wesentlich aggressiver ein.

Um weitere Ausschreitungen zu verhindern, treffen sich heute Vertreter aller Vereine, die sich in den sozialen Brennpunkten Aubervilliers´ engagieren. Gemeinsam sollen Präventionsmaßnahmen erarbeitet werden. Auch die für 2006 geplanten Kürzungen bei den sozialen Projekten, werde die Kommune neu verhandeln, sagt der Europabeauftragte.

In der im Nordwesten von Paris gelegene 70 000-Einwohner-Stadt gibt es ebensolche Gettos wie in Clichy-sous-Bois, in denen vorwiegend Menschen nordafrikanischen Ursprungs leben. Die Arbeitslosigkeit unter den jugendlichen Zuwanderern betrage rund 50 Prozent. Die Perspektivlosigkeit der jungen Männer lasse die Gewaltbereitschaft aufkeimen, sagt Wälte, der den Kontakt nach Frankreich pflegt. Auf Anregung des Jenaer Oberbürgermeisters Dr. Peter Röhlinger hat er heute Aubervilliers in Namen der Stadt seine Anteilnahme ausgesprochen.

Seit 1998 besteht die freundschaftliche Beziehung, die vor allem auf Bestreben des damaligen französischen Bürgermeisters zurückgeht . "Er hat sich für die philosophischen und historischen Wurzeln unserer Stadt interessiert", erklärt Wälte.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein war Aubervilliers von der Landwirtschaft geprägt. Erst durch die Industrialisierung von Paris änderte sich das Stadtbild. Die Unternehmens-Ansiedlungen zogen Arbeiter an, die sich in dem preiswerten Vorort niederließen. Heute ist Aubervilliers eine multikulturelle Stadt mit mehr als 40 unterschiedlichen Nationalitäten, die etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachen.

Ostthüringer Zeitung
Donnerstag, 11.12.2003

OB besucht heute Aubervilliers

Jena (OTZ). Oberbürgermeister Dr. Peter Röhlinger wird ab heute bis zum 14. Dezember die französische Partnerstadt Aubervilliers besuchen. Er folgt damit einer Einladung seines Amtskollegen Pascal Beaudet. Anlass der Reise ist die Verleihung der Europafahne an die Stadt Aubervilliers durch den deutschen Europaabgeordneten, Herrn Behrendt, am morgigen Freitag.
Mit der Europafahne, mit der vor zwei Jahren auch die Stadt Jena ausgezeichnet wurde, werden Städte geehrt, die sich besondere Verdienste um die Verbreitung des europäischen Gedankens erworben haben. Aubervilliers ist eine von nur vier französischen Städten, die in diesem Jahr die Europafahne in Empfang nehmen können.

Thüringische Landeszeitung
Mittwoch, 02.04.2003

Ralite: Adieu nach 44 Jahren

Jena. (tlz/gpl) Jack Ralite, kommunistischer Ex-Minister unter Staatspräsident Mitterand, war von 1984 bis Samstagmorgen Stadtoberhaupt in Jenas Partnerstadt Aubervilliers. Sein Abgeordnetenmandat währte dort 44 Jahre. Ralites Rückzug war letzter Woche sogar der renommierten französischen Tageszeitung Le Monde einen Artikel wert. Der 46-jährige bisherige Bürgermeister für Stadtentwicklung, der Kommunist Pascal Beaudet, wurde mit 25 von 49 Stimmen zum Nachfolger gewählt. Ralites jahrelanger Konkurrent innerhalb des kommunistischen Lagers, der Einzelkämpfer Jean-Jacques Karman, erhielt als Gegenkandidat sechs Stimmen. Die Sozialisten hätten eine Entscheidung bei den Kommunalwahlen bevorzugt und enthielten sich der Stimme. Für die bürgerlichen Parteien kandidierte niemand.

Ostthüringer Zeitung
Freitag, 21.03.2003

Partnerstadt dankt für Friedenseinsatz

Jena (OTZ). Ein Brief von seinem Amtskollegen Jack Ralite aus der französischen Partnerstadt Aubervilliers erhielt Jenas OB Dr. Peter Röhlinger. Darin dankt Ralite dafür, dass Jena gemeinsam mit Aubervilliers und seinen Partnerstädten Empoli (Italien), Boully (Mauretanien) und Beit-Jala (Palästina) den Aufruf für eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts unterzeichnet habe: „Ihre Unterstützung des Aufrufes ist von der hiesigen Bevölkerung mit großer Anteilnahme aufgenommen worden. Sie ist weiterhin für mich Ausdruck eines humanistisch und brüderlich verbindenden Gedankens", schreibt Ralite aus Aubervilliers.

Ostthüringer Zeitung
Dienstag, 18.03.2003


Empfang am Rathaus in Aubervilliers: Amtsleiter Ralf Hofmann (l.) und Kulturdezernent Lucien Marest (2. v. I.) von der französischen Partnerstadt heißen Jenas Kulturdezernent Albrecht Schröter und Europabeauftragten Alfred Wälte willkommen.
(Fotos [4]: OTZ/Groß)

Mit Aubervilliers Kontakt zu Palästina
und 1806-Projekte

Kuiturdezernent und OTZ in der Partnerstadt im Pariser roten Gürtel

Von OTZ-Redakteur Michael Groß

Aubervilliers/Jena. Mögliche Partnerbeziehungen nach Palästina und gemeinsame Kulturprojekte gehören zu den Ergebnissen, die Jenas Kulturdezernent jetzt bei einem Besuch in der französischen Partnerstadt Aubervilliers erreichte.
Bei seiner Stippvisite im Rathaus dieser Pariser Vorstadt führte Schröter Gespräche mit seinem Amtskollegen Lucien Marest, dem ehrenamtlichen Beigeordneten für internationale Beziehungen, Bernard Sizaire, und dem Amtsleiter dieses Bereiches, Ralf Hofmann, der gleichzeitig hervorragend dolmetschte. Daran nahmen auch Alfred Wälte, Europabeauftragter Jenas, und OTZ teil. Eine kurze, herzliche Begegnung mit Bürgermeister Jack Ralite gab es ebenfalls.


Beigeordneter Bernard Sizaire

So soll Jena Nutznießer der Städtepartnerschaft von Aubervilliers mit dem palästinensischen Ort Beitjala, unweit von Bethlehem, werden. Sizaire versprach, Kontakte herzustellen. Schröter hatte darum gebeten, weil er eine Partnerschaft Jena-Beitjala anschieben möchte. Damit könnte man den Friedensprozess mit befördern. Erste Besuche von Jugendlichen der Jungen Gemeinde Jena-Stadtmitte habe es schon gegeben. Austausche sollten folgen.
Ebenfalls für Jugendliche ist ein Hip-Hop-Projekt vorgesehen, das Ralf Hofman derzeit vorbereitet. So sollen zwei Discjockeys aus Aubervilliers einen Abend in Jena gestalten, eventuell im Kassabianca. Kooperation ist zwischen den Ensembles der Theater Aubervilliers und Jenas angestrebt, wobei eine zweisprachige Auffuhrung entstehen soll. Auch zwischen dem Konservatorium von Aubervilliers und der Jenaer Musik- und Kunstschule soll es Zusammenarbeit geben, besonders bei Tanz- und Kammermusik. Die Büchereien beider Städte wollen Lesungen gestalten, und im Schillerhof wird es einen französischen Filmabend geben.
Erarbeitet wird zur Zeit ein Ideenkatalog, wie Jena und Aubervilliers den 200. Jahrestag der Schlacht bei Jena vorbereiten wollen. Von einstigen Feinden hin zu heutigen Partnern, so soll die Devise sein. Schröter hatte angeregt, in beiden Städten Gräber unbekannter Soldaten zur Schlacht von 1806 zu errichten.

Ralite tritt ab als Bürgermeister

Aubervilliers (OTZ). Ein politischer Wechsel steht in Aubervilliers unmittelbar bevor. Der langjährige kommunistische Bürgermeister Jack Ralite tritt ab und wird sich nur noch seinen Aufgaben als Mitglied des französischen Senats widmen. So sind die Bürger in Jenas Partnerstadt am 29. März zu Wahlen aufgerufen. Als Favorit fürs Bürgermeisteramt gilt Pascale Boudlau, ebenfalls von den Kommunisten, da er im Stadtrat die Unterstützung der dortigen Koalition aus Sozialisten, Grünen und anderer linker Gruppen besitzt. Auch Ralite selbst hat sich für seinen Nachfolger eingesetzt.

Viel Engagement gegen Irak-Krieg

Aubervilliers (OTZ). Aubervilliers reiht sich ein in die Städte mit Engagement gegen einen Irak-Krieg. Erst am vergangenen Sonnabend gab es eine gut besuchte Kundgebung auf dem Rathausplatz der Stadt gegen den Irak-Krieg. Der Stadtrat von Aubervilliers unterstützt die Antikriegs-Bemühungen.



Der Platz vorm Rathaus in Aubervilliers mit Geschäften und Gaststätten und einer großen Kirche ist ein kleines Zentrum der Stadt. Unweit davon gibt es auch noch einen Markt.

Große Internationalität in Jenaer Partnerstadt

Aubervilliers mit Stadtzeitung und Sender

Aubervilliers (OTZ/gr.). Jenas Partnerstadt Aubervilliers - gut zu erreichen mit der Metro - liegt im nordöstlichen Gürtel von Paris und hat etwa 70 000 Einwohner. Gut ein Drittel davon stammen aus dem Ausland, vor allem aus Ländern, die mit Frankreich eine koloniale Vergangenheit haben. Viele Moslems sind darunter, aber es gibt auch drei Synagogen in Aubervilliers. Die Stadtverwaltung gibt sogar eine eigene farbige Zeitung heraus und betreibt einen kleinen Fernsehsender. Die Fotos für das ansprechend gestaltete Blatt macht Willy Vainqueur, der von der französischen Karibikinsel Guadeloupe stammt. Er schoss auch ein Foto für die nächste Stadtzeitung vom Besuch des Jenaer Kulturdezernenten Dr. Albrecht Schröter in Aubervilliers.


Fotograf Willy Vainqueur

Thüringische Landeszeitung
Mittwoch, 15.01.2003

29. März: Oberbürgermeister-Rücktritt

Aubervilliers Oberbürgermeister macht einem Jüngeren Platz

Von Günter Platzdasch

Jena/Aubervilliers. Neujahrempfänge sind Routine. Auch in Jenas Partnerstadt Aubervilliers. Wie immer zitierte das mehrmals wiedergewählte kommunistische Stadtoberhaupt Jack Ralite große französische Schriftsteller, Albert Camus beispielsweise. Erstmals nannte Ex-Gesundheitsminister Ralite aber jetzt den Termin für seinen Ende letzten Jahres angekündigten Rücktritt: der 29. März, zwei Jahre nach seiner letzten Wiederwahl, will er für einen Jüngeren Platz machen. Nachfolger soll, wie TLZ bereits vor zwei Monaten vermutete, Pascal Beaudet werden. Der 46-jährige Kommunist werde, so versprach Ralite, "wie ich Bürgermeister aller Albertivillariens sein". Es erschien wie ein vorgezogener Abschied, als Ralite, dem schließlich - den Tränen nah - die Stimme versagte, stehend applaudiert wurde.

Ostthüringer Zeitung
Freitag, 13.12.2002

Bürgermeister in der Partnerstadt Aubervilliers

Hauptthema wirtschaftliche Zusammenarbeit

Jena (OTZ/F.D.). Die Wirtschaftsentwicklung beider Regionen stand im Mittelpunkt von Gesprächen, die Bürgermeister Schwind und weitere Vertreter der Stadt vom 3. bis 5. Dezember in der Partnerstadt Aubervilliers führten.
Die Delegation war unter anderem im Senat, der zweiten Kammer der französischen Republik, von Bürgermeister und Senator Jack Ralite empfangen worden. Dem Empfang wohnten Vertreter der Plaine Commune, einem aus Aubervillers und fünf weiteren großen Städten bestehenden Handels- und Gewerbezentrum, bei. Der bilaterale Austausch soll im Frühjahr zwischen Unternehmen weitergeführt werden.

Thüringische Landeszeitung
Donnerstag, 07.11.2002

Überraschung: Jack Ralite tritt zurück

Bürgermeister Aubervilliers fühlt sich zu alt

Von Günter Platzdasch

Jena/Aubervilliers. Schon vor der letzten Wahl gab es Spekulationen, ob das wiedergewählte Stadtoberhaupt vor Ende der Amtszeit aus Altersgründen zurücktreten werde. Die Rede ist von Jack Ralite, kommunistischem Bürgermeister der französischen Partnerstadt Aubervilliers, dessen vierte Amtszeit läuft. Ralite, der im Mai 75 Jahre wird, hat letzte Woche in einer örtlichen FKP-Versammlung mitgeteilt, er wolle sein Amt vor dem nächsten Sommer aufgeben. Der frühere Gesundheitsminister unter dem Sozialisten François Mitterand wird allerdings sein Senatorenamt behalten.
Die Bevölkerung ist überrascht, das Echo ist unterschiedlich: Für Jean-Jacques Karman, Ralites Wahlkonkurrent aus der eigenen Partei, ist der Ansehensverlust der FKP für den Zeitpunkt des Rückzugs ursächlich. Andere sinniereren über Ralite, ob er eher Kultur- denn Sozialpolitik in dem seit Jahrzehnten kommunistisch regierten Pariser Vorort getrieben habe. Aber auch Kritiker erkennen aussergewöhnliche kulturpolitische Verdienste Ralites, der kaum eine Rede ohne Zitat des Schriftstellers Louis Aragon - "mein Freund" - beendete, an. "Er ist genial", schwärmt der 49-jährige Amrane, Besitzer der Bar im Stadtzentrum, wo man Ralites Überraschungscoup debattiert, über sein Stadtoberhaupt. Unklar ist, wie es nach Ralite weitergehen wird. Jacques Salvator vermag noch nicht zu sagen, ob seine Sozialistische Partei einen Kadidaten aufstellen wird - darüber will die PS am 30. November nachdenken. Aus den Reihen der FKP wird als möglicher Nachfolger vor allem Pascal Beaudet genannt, aber auch die Namen anderer Kommunalpolitiker wie Gérard Delmonte oder Lucien Marest sind zu vernehmen.

Thüringische Landeszeitung
Donnerstag, 16.05.2002

Le Pen diesmal nur Vize

Partnerstadt wählte gegen ihn

Von Günter Platzdasch

Jena/Aubervilliers. Nachdem die Wähler von Jenas französischer Partnerstadt Aubervilliers vor zwei Wochen bei der Präsidentschaftswahl dem Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen (Front National) eine Mehrheit verschafft hatten, verwiesen sie ihn an diesem Sonntag mit 18,9 Prozent auf den zweiten Platz. Wie überall im Lande gewann die Stichwahl der Kandidat des bürgerlichen Lagers Jacques Chirac (81,1 Prozent). Wie überall im Lande, wählte man allerdings kaum den Amtsinhaber Chirac, sondern wählte gegen Le Pen. So gewann nun der Konservative im mit absoluten Mehrheiten seit Jahrzehnten von Kommunisten regierten Aubervilliers eine satte Mehrheit - bei gegenüber dem ersten Wahlgang deutlich gestiegener Wahlbeteiligung: Nur noch einem Viertel der Wähler war die Entscheidung egal. Zwar hat Le Pen nun weniger Prozent als in der ersten Runde (damals 19,4), trotzdem hat er in absoluten Zahlen sogar einige Hundert Stimmen dazu gewonnen.

Thüringische Landeszeitung
Dienstag, 23.04.2002

Partnerstadt wählte den Rechtsaußen

Von Günter Platzdasch

Jena/Aubervilliers. (tlz) Erschütterungen der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich spürt man auch in Jenas Partnerstadt Aubervilliers, die seit langem mit breiter kommunistischer Mehrheit regiert wird. Diesmal jedoch landete Spitzenkandidat und FKP-Chef Robert Hue mit 8,6 Prozent nur auf Platz vier. Die erste Wahlrunde gewann Jean-Marie Le Pen. Der Rechtsaußen erhielt in Aubervilliers 19,4 Prozent der Stimmen und verwies den derzeitigen Regierungschef, den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Lionel Jospin (19,1 Prozent) auf den zweiten Platz. An dritter Stelle rangiert der bürgerliche Jacques Chirac (13,7).

Le Pen liess sich im Wahlkampf in einem arabischen Café Wasserpfeife rauchend filmen, schimpfte gegen die Globalisierung, gegen genetisch modifizierte Lebensmittel und sprach sich für einen Schuldenerlass der Dritten Welt sowie eine Form der Besteuerung der spekulativen Kapitalflüsse (Tobin-Steuer) aus. Französischen Euro-Skeptikern sagte er: "Dies sind die letzten Wahlen der französischen Republik, nachher werden wir so weit in ein föderatives Europa integriert, dass Frankreich mehr einem US-Staat wie Oklahoma oder Nebraska gleichen wird als einem unabhängigen Land."

Bus angezündet
Auch spielte er auf der Klaviatur der Ängste nach den Attentaten des 11. September und der Gewalteskalation in Nahost: Als es in Frankreich jüngst zu antisemitischen Übergriffen kam, war auch Aubervilliers Schauplatz. Am 3. April wurde der Bus einer jüdischen Schule angezündet, vor der danach fünf Polizeiposten aufziehen mussten.


Thüringische Landeszeitung
Freitag, 12.04.2002

Kindervilla-Eröffnung im September - in Partnerstadt Aubervilliers

Von Günter Platzdasch

Jena/Aubervilliers. "Frankreichs Uhren gehen anders", heißt die bekannteste deutschsprachige Nachkriegsanalyse des Nachbarstaats, die Herbert Lüthy 1954 vorlegte. Gerade betreiben in Jena Finanz- und Sozialdezernent die Abwicklung der Kindervilla, da erreicht uns aus Jenas französischer Partnerstadt Aubervilliers die Nachricht, dass dort letzten Samstag das Richtfest für eine Kindervilla gefeiert wurde.
Im September sollen dort auf 700 Quadratmeters für 130 Kinder zwischen sechs und 13 Jahren Angebote an erzieherischen und kulturellen Aktivitäten sowie Spielmöglichkeiten bereitgestellt werden. Vom Fotolabor über Internetzugänge, Theater- und Tanzkurse bis zur Küche ist fast alles vorhanden, was Kinderherzen höher schlagen lässt. "Diese Kindervilla wird den Namen von Tony Lainé tragen, dem großen Psychoanalytiker der Kinder. Er war einer meiner wichtigsten Berater als ich Gesundheitsminister war", sagte Jack Ralite, der kommunistische Oberbürgermeister der Partnerstadt. Und Abderrahim Hafidi, städtischer Kinderbeauftragter, so etwas gibt es dort, fügte hinzu: "Aubervilliers ist eine Stadt, in der Kinder immer Vorrang genießen."

Thüringische Landeszeitung
Mittwoch, 25.07.2001

ATTAC und Avignon

Von Günter Ptatzdasch

Die gestrige Umfrage zu den Urlaubsplänen der Lokalprominenz ergänzen wir mit Blick über die Grenzen im Euroland. Was macht eigentlich Jacques Ralite, der kommunistische Bürgermeister von Jenas französischer Partnerstadt Aubervilliers? Dieser Tage sind seine Gedanken gewiss im Ausland, und zwar in Genua, dem Treffpunkt der Großen Acht der Weltwirtschaft. Denn Aubervilliers gehört zu den Städten, die Mitglied der ATTAC sind, der im Juni 1998 gegründeten, inzwischen weltweit operierenden Zentrale von Kritikern einer von Finanzmärkten diktierten Globalisierung, „Mondialisation", sagen unsere Nachbarn.
Und was Ralite betrifft: Den Intellektuellen unter den Bürgermeistern zieht es nach Avignon, wo jetzt das international bekannte Theaterfestival stattfindet.

www.DFG-Jena.de
DFG Jena e.V.
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